für Rituelle Körperhaltungen und Ekstatische Trance
Wie alles vor 40 Jahren begann
(Auszug und Zusammenfassung aus
"Wo die Geister auf den Winden reiten" von Felicitas Goodman)
Wieder Studieren
Als Felicitas Goodman mit ihrem Studium der Linguistik begann, war sie 51 Jahre alt. Sie hatte damals schon ein äußerst bewegtes Leben hinter sich, war Alleinerzieherin, Kriegs-Flüchtig und hatte
einen Umzug von Deutschland nach Amerika vollzogen. Nachdem ihre Kinder alt genug waren, entschied sie sich wieder zu studieren – ein für damalige Zeiten sehr ungewöhnlicher Schritt.
Immer schon war sie fasziniert von der indianischen
und schamanischen Kultur und den damit verbundenen Riten und Bewusstseins-Zuständen. Ihr besonderes Interesse galt daher in ihrer Studienzeit den Vorlesungen ihrer Professorin Erika Bourguignon die sich intensiv mit Trance befasste.
Über das Studium der Linguistik kam Felicitas zur Glossolalie, den Christen als Zungensprechen bekannt, eine besondere Art zu sprechen, ein Phänomen das bei religiösen Ritualen auftritt. Weit verbreitet bei den Pfingstlern, einer apostolischen
Gemeinde. Felicitas begann auf diesem Gebiet zu forschen, vielen Abendgottesdiensten der Pfingstbewegungen beizuwohnen und diese auch zu dokumentieren.
Trance und Sackgasse
Bei einem dieser Gottesdienste sah sie zum ersten Mal
einen Menschen in Trance. Fasziniert von diesem Erlebnis fragte sie sich:
„… Ob es möglich wäre, das Gesamtverhalten in seine Einzelteile zu zerlegen und nur die dem Erlebnis zugrundeliegenden körperlichen Veränderungen
herbei zu führen? Ich beschloss die mir wesentlich erscheinenden Faktoren aus dem Gesamtvorgang herauszulösen und die, die zum Zungensprechen führen, wegzulassen.“
Sie begann sich regelmäßig mit einer Studentengruppe
zu treffen und zu experimentieren.
„Wir brauchten einen abseits liegenden Raum wo wir nicht gestört wurden, … sowie eine rhythmische Anregung. Zur Anregung wählte ich eine aus einem Zierkürbis gefertigte Rassel wie sie
bei den religiösen Tänzen … benutzt werden. Ich wies die Teilnehmer an, sich in der ihnen angemessen erscheinenden Weise zu verhalten. Sie konnten im Kreis herumgehen, stehen, sitzen, knien. Die Hauptsache sei, dass sie die Augen geschlossen
haben.“
Von 1972 bis 1976 experimentierte Goodman in dieser Form mit verschiedenen Studentengruppen und machten eindrucksvolle Erfahrungen, aber Felicitas war nicht zufrieden. Sie suchte nach Gemeinsamkeiten im Trance-Erleben, die zu dem Zeitpunkt
nicht gegeben waren. „Die Umwelt schien verändert. Als ein Mädchen nach der Sitzung zufällig in den Spiegel schaute, erschien sie sich außergewöhnlich schön. Sie fand das befremdlich, denn sie hatte sich nie als Schönheitskönigin
gefühlt. Auch das Zeitgefühl war auf eine besondere Weise verschoben. "Haben Sie wirklich 15 Minuten gerasselt?" wurde ich oft gefragt. … "Nach einer Trance sprudelten sie oft die Erlebnisse ohne jede Ordnung hervor. … Trotzdem
waren alle Teilnehmer stets völlig klar und konnten ohne jede Schwierigkeit sowohl die körperlichen Veränderungen als auch die flüchtigen Bilder, die an ihren Augen vorbeigezogen waren, beschreiben.
Eines war jedoch befremdlich: Das
Erleben schien sich völlig regellos voneinander zu unterscheiden. Da die Anregung stets die gleiche war, sollten da die Erlebnisse nicht wenigstens in bescheidenem Maße übereinstimmen?“ Sie kam zu dem Entschluss:
„Das Erlebnis
der Trance besitzt keinen Inhalt an sich.“
Felicitas Goodman
Der Wendepunkt
Wieder war es Erika Bourguignon, die eine Weiche stellte, indem sie Felicitas auf einen Artikel des kanadischen Psychologen V. F. Emerson aufmerksam machte. Dieser befasste sich mit einer Reihe von Meditationsrichtungen und berichtete, dass das Glaubenssytem in Wechselbeziehung zur eingenommenen Körperhaltung steht. Herzschlag, Atem etc. werden beeinflusst je nach eingenommener Haltung.
Das war ein absoluter Wendepunkt in Felicitas Forschung:
„Plötzlich verstand ich die volle Bedeutung der Emerson’schen Gedankengänge. Wieso hatte ich eigentlich nie an diesen Zusammenhang gedacht? … Es war mir nie in den Sinn gekommen bei den Sitzungen irgendwelche besonderen Körperhaltungen vorzuschlagen.“
Welche Haltungen
Der nächste Schritt war die Frage, welche Haltungen in Frage kämen.
„Nach einigem Suchen gelang es mir tatsachlich, eine Reihe von Haltungen für mein neues Forschungsvorhaben zu finden, von denen ich annehmen konnte, dass sie rituellen Charakter haben. Es war beispielsweise offensichtlich, dass die Holzschnitzerei, wo ein kleiner Schamane von hinten von einem mächtigen Bärengeist umarmt wird, eine religiöse Szene darstellt. Außerdem wies das ekstatische Lächeln, das ich bei Menschen in Trance so oft gesehen hatte, entschieden auf das Erlebnis hin, auf das es mir ankam.“
Mit finanzieller Unterstützung der Denison Universität begann Felicias 1977 mit der neuen Phase ihrer Forschung. Eine Soziologin, Studenten, ihre beiden Yogalehrerinnen und noch andere waren leicht zu überzeugen mitzumachen. Insgesamt waren es acht Versuchspersonen mit denen sie sich meist in Form von Einzelsitzungen zusammentat. Die Versuche fanden in einem sparsam ausgestatteten, aber ästhetisch ansprechenden Raum statt.
„Zu Anfang jedes Versuches zeigte ich eine von mir angefertigte Zeichnung, die keine weiteren Angaben enthielt. Nachdem die Versuchsperson die Haltung gelernt hatte, benutzte ich wieder die Rassel zur Induzierung der Trance. Hinterher nahm ich den Bericht auf Tonband auf.“
Forschung an Universitäten
1983 ergab sich dann die Gelegenheit zur medizinischen Untersuchung der Trance an der Psychiatrischen Klinik der Universität München unter Prof. J. Kugler.
„Die Instrumente registrierten dramatische Veränderungen. Im Blutserum nahmen die Verbindungen ab die Spannung andeuteten, nämlich Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, während das Gehirn gleichzeitig Beta-Endorphine freisetzte. Diese Verbindung wirkt schmerzstillend, ist aber auch für das intensive Freudegefühl, die Euphorie, verantwortlich, die man nach der Trance erlebt.“
Felicitas erforschte 80 Haltungen und es dauerte eine Weile, bis ihr die Tragweite der Entdeckung der rituellen Körperhaltungen überhaupt bewusst wurde. Sie hatte damit die alte Kunst der Seelenfahrt neu entdeckt, und durch den Schritt hin zu den Körperhaltungen hat sich die formlose Trance in ein religiöses Erleben umgeformt, wie sie selbst schreibt.
„Ich wünschte, ich könnte nochmal dieses Staunen über die Verzauberung erleben, die mich damals in ihren Bann schlug, als wir anfingen, diese neue Möglichkeit zu erforschen.“
Die Zitate sind dem Buch "Wo die Geister auf den Winden Reiten" von Felicitas D. Goodman entnommen (Verlag Hermann Bauer 1989) und wurden von Mel Merio zusammengefasst.
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